kopie lit. g. mueller-h. quietzsch 1977
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Sohland a. d. Spree, OT Wehrsdorf, Lkr. Bautzen, westl. im Ort, bei Anwesen ‘Dresdener Straße 45’ (B 98), Steinkreuz, Benennung: ‘Pestkreuz’

Obertägige Maße: (aktuell unbekannt), Asymmetrie aufweisendes Steinkreuz lat. Form aus Sandstein (Kopf zur Flucht des Schaftes geringfügig seitlich versetzt) mit gerundeten Balkenenden, rechte Kreuzarmunterseite abgearbeitet bzw. beschädigt; etwas oberhalb im Kreuzungsfeld die eingerillte Jahreszahl ‘1502’ (Verf.)

Ang. Lit. G. Müller-H. Quietzsch, 1977:

Im westlichen Ortsteil, im Oberdorf, unmittelbar südwestlich an der Straße nach Steinigtwolmsdorf, vor dem Vorgarten vom Haus 45. 1 Steinkreuz. ‘Pestkreuz’. Kopf und Schaft gerade, Arme nach außen verjüngend, NW-Arm breiter als SO-Arm, Kopf in der Längsachse nach NW verschoben. Sandstein (einziges Sandsteinkreuz im Kreis Bautzen !). SO-NW (Ausrichtung). NO-Seite eingemeißelt: 1502 (Echtheit wird bezweifelt, ist mehrmals nachgemeißelt worden - BKD 1908). Näpfchen: vier auf dem Scheitel, drei an der NO-Seite des Kopfteiles, zwei auf dem rechten Balkenarm (können auch als Verwitterung gedeutet werden). Höhe: NO-Seite 116 cm, SW-Seite 80 cm, Breite: 73 cm, Stärke: 30 cm. Kanten gerundet, besonders am SO-Arm. Allgemeine oberflächliche Verwitterung. Nicht allseitig sichtbar vor einer Hecke. Geschützt seit 23. 6. 1971. Sage: Hier hätten sich zwei Handwerksburschen um eine Semmel gestritten, wobei der eine sein Leben lassen mußte. Der andere hatte das Kreuzzu setzen. Als ‘Pestkreuz’ soll es früher auf einem alten Friedhof weiter westlich am Steinberg, nördlich der Straße nach Steinigtwolmersdorf, bei den Schwarze-Teich.Wiesen, Flurname ‘Siechberg’, gestanden haben. beim Straßenbau wurde es versetzt, zuletzt 1967 aus Verkehrsgründen vom Haus Nr. 57 an die gegenüberliegende Straßenseite nach Haus Nr. 45. Altbekannt. (Textkopie Lit. G. Müller-H. Quietzsch, 1977)

Anm.: Steinkreuze als Pestkreuze ?

Zuweilen existieren Steinkreuze an unregelmäßigen Standorten, die angeblich, meist aber nach dem Volksmund, ursprünglich für die Toten der Pestepidemien bzw. nach dem Überwinden der Seuche zur Erinnerung gefertigt und errichtet sein sollen. Zumindest in Deutschland ist kein einziges niederes Steinkreuz bekannt, das archivalisch nachweisbar, ursprünglich für den Zweck als echtes Pestkreuz gefertigt und errichtet worden ist. Im Mittelalter wurden an Pestfriedhöfen außerhalb der Ortschaften sog. Pestsäulen, Peststeine oder auch rot gefärbte Holzkreuze lateinischer Form errichtet, die immer wieder erneuert wurden. Wer sollte, realistisch betrachtet, in den bitterarmen Pestzeiten vermocht haben das schwere Geld für ein teures Steinkreuz aufzubringen. Mit der Bezeichnung 'Pestkreuz' verhält es ich genauso wie mit den Bezeichnungen 'Schweden-' oder 'Franzosenkreuz' zahlreicher Steinkreuze - im Grunde das Resultat von ausgegengenem Volkswissen. Zu dieser Problematik reicht der renommierte hessische Steinkreuzforscher Heinrich Riebeling (+), Frankfurt a. Main, folgende plausible Deutung:
‘Das fast völlige Aussterben der Altbevölkerung im 30-jährigen Krieg hat im Volk jede Erinnerung an die einstige Errichtungsursache der Kreuze ausgelöscht. Geblieben ist die Vorstellung von einem unheimlichen Geschehen, das mit den Kreuzen in Verbindung gebracht wird. Die meisten Steinkreuzsagen sind Erklärsagen, die die Setzung des Kreuzes begründen wollen und die gelegentlich von Ereignissen in jüngster Zeit inspiriert sind, die im Volke noch lebendig waren’ (Quelle: Heinrich Riebeling,‘Steinkreuze und Kreuzsteine in Hessen’, Dossenheim/Heidelberg 1977, S. 15)

Fazit: Viele alte Steinkreuze, deren Setzungsgründe längst in Vergessenheit geraten sind, wurden im Zuge einer Zweitverwendung versetzt, neu gedeutet und auch mit Inschriften versehen (Verf.)

Quellangaben: Lit.: 1. Gerhardt Müller-Harald Quietzsch, Steinkreuze und Kreuzsteine in Sachsen, Inventar Bezirk Dresden, Berlin 1977, S. 84-85, Nr. 47 Wehrsdorf (Wernarjecy), Kr. Bautzen, Mbl. 4952 (70), N 19,4 / W 11,65 m. Abb. 58 (Kopie), daraus: 2. G. A. Kuhfahl, Die alten Steinkreuze in Sachsen, Dresden 1928, Nr. 258, S. 129/180 u. Nachtrag zum Heimatschutzbuch von 1928 (1936), Nr. 281, 3. BKD, 1908, Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, Bd. 1-15, bearb. v. R. Steche, Bd. 16-41  v. C. Gurlitt, Dresden 1882-1923, hier Bd. 32, S. 310, 4. J. Naumann, Steinkreuze und Kreuzsteine von Bautzen und Umgegend, Bautzen 1909, S. 25 m. Abb. 58, 5. Unsere Heimat, Sonntagsbeil. zum Sächsischen Erzähler, Bischofswerda 1934, Nr. 15, 6. TH. Schütze, Um Bautzen und Schirgiswalde, Berlin 1967, Werte der deutschen Heimat, Bd. 12, S. 203

Internet: 1. ...wikipedia.org-wiki-Liste der Kulturdenkmale in Sohland a. d. Spree, OT Wehrsdorf: Wohnstallhaus (Umgebinde) mit Wohnanbauten, davor Pestkreuz, Dresdener Straße 45, Um 1800 (Wohnstallhaus); bezeichnet mit 1502 (Pestkreuz), Obergeschoss Fachwerk, zeigt interessante bauliche Entwicklung im Zeitraum von ca. 100 Jahren, baugeschichtlich und straßenbildprägend von Bedeutung, Wohnstallhaus: Obergeschoss Sichtfachwerk, Fenster im Obergeschoss des Wohnstallhauses in originaler Größe, ID 09252050, daraus: Fotokopie, Urheber: ‘Schmidti’ (Eig. Werk), Liz.-Nr. CC BY-SA 3.0

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