klare denkstein sievershausen kopie lit. o. ruhlender 2010 aus 1963
standort

Dassel, OT Sievershausen, Lkr. Northeim, A: ca. 1,5 km nordwestl. des Ortes im Bereich des ‘Grünen Siek’, am ‘Hasselweg’ nördl. der Haiwiesen, ‘Klare-Denkstein’

Maße: Höhe 1,40 m, Br. 0,47 (Sockel 0,50), T. 0,14 (S. 0,17), der flachpyramidenförmig abschliessende Gedenkstein auf gestuftem Sockel zeigt auf vertiefter Inschriftsfläche die eingerillte, mit schwarzer Farbe nachgezogenen Inschrift:                                                                                                                                               ‘Hier fiel / durch Mörderhand / der Königliche Förster / Cristopf Friedrich / Georg Klare / am 4. November 1826 / im Alter von / 38 Jahre 11 Monate / 24 Tage’

Christoph Friedrich Georg Klare, Förster in Sievershausen, befand sich an jenem unheilvollen Novembertage zusammen mit seinen Söhnen Carl August (7 Jahre) und Hermann (5 Jahre) auf dem Hasenanstand nahe des Grünen Siek, als gegen 17 Uhr ein Mann auftauchte, der einen erlegten Rehbock auf dem Rücken trug; es handelte sich um den bekannten Sievershäuser Wilddieb Schmidmann, der wegen seines Aussehens im Ort den Beinamen ‘Affe’ erhielt; wohl unverhofft traf er im Gehölz auf den anstehenden Förster, der ihn sofort mit ‘Affenschmidmann’ anrief, doch der Unhold riss blitzartig sein Gewehr hoch und schoss aus ca. 5 m dem Beamten in die Brust und floh; Klare soll noch etwa 90 Schritte talwärts in Richtung Sievershausen gegangen sein und brach dann an der Stelle tot zusammen, wo später sein Gedenkstein gesetzt wurde; seine beiden durch das Geschehen schockierten Söhne nahmen das Gewehr an sich und liefen so schnell sie konnten nach Hause zur Mutter, wo sie alles berichteten; Schmidmann wurde noch am gleichen Tag festgenommen, er soll zu Hause seelenruhig am Webstuhl gesessen haben und gestand am darauffolgenden Tag die Tat - sein Gewehr unterm Arm sei aus Versehen losgegangen; Klare hinterliess Frau und vier unmündige Kinder, er wurde an seinem Geburtstag am 11. November in Sievershausen beerdigt; Schmidmann, sein Mörder, hat sich am 28. Dezember 1826 im Gefängnis Erichsburg erhängt (Dassel); tragischerweise ereilte seinem ältesten Sohn Carl August das gleiche Schicksal, er war ebenfalls Förster in Sievershausen geworden, wurde in seinem Revier von Wilderern angeschossen und verstarb am 14. Juli 1878 im Einbecker Krankenhaus (Verf. nach Lit. O. Ruhlender)

Quellangaben: Lit.: 1. Otfried Ruhlender, Denksteine, Denkmäler und Kreuzsteine im Solling, 3. Auflage, S. 13-14, Neuhaus im Solling 1985, Hrsg. Sollingverein e.V., 2. O. Ruhlender, Denksteine im Solling, Beiträge zur Geschichte eines Mittelgebirges, S. 39-40, Nr. 1.16 Klare-Denkstein mit Abb. aus 1963 (Kopie) u. 2010 v. D. Creydt u. J. Böke, Holzminden 2010, Hrsg. Sollingverein e.V., daraus: 3. Detlef Creydt, Begegnungen auf Leben und Tod - Förster und Wilderer im Solling, Holzminden 2010, S. 76, 4. Heinrich Sohnrey, Tchiff tchaff toho !, Berlin 1929, 5. Emil Stolze, Jagdliche Erinnerungen, Berlin um 1900

remde stein sievershausen
standort kopie lit. o. ruhlender 2010 remde stein

Sievershausen B: ca. 1 km vom westl. Ortsrand, nördl. der Kreuzwegwiesen, 60 m südl. des Rundwanderweges Sievershausen (ausgesch.) ‘Remde-Stein’ (Selbstmord)

Maße: Höhe 0,50 m, Br. 0,33, T. 0,27, im Einwohnerverzeichnis von Sievershausen für 1911 wird der Zigarrenmacher Richard Remde angegeben, wohnhaft im Hause Dorfstraße 112, geboren am 4. Juni 1866 in Leipzig; zusammen mit seiner Frau Guste verdiente er seinen Lebensunterhalt aus ambulanten Geschäften u. a. mit Seefisch, seine Frau zog als Wäschehändlerin mit der Kiepe von Haus zu Haus in der Gegend umher; wohl liefen die Geschäfte schlecht, denn eines Morgens sagte er zu seiner Frau: ‘Ich gehe heute in den Hai und hänge mich auf’ und gab ihr auch noch angeblich den dazu auserwählten Baum an; hier wurde er jedoch nicht gefunden, worauf nach mehreren Monaten die behördlich angeordnete Suche im gesamten Waldbereich eingestellt wurde; erst zufällig entdeckten Waldarbeiter den an einem Baum hängenden Remde, dessen Leiche bereits stark in Verwesung übergegangen war; junge Männer aus dem Dorf übernahmen den Abtransport des Toten, dabei wurden nach Berichten der damals 13 jährigen Zeitzeugin Erna Wedekind, geb. 1898, viel Branntwein und starke Zigarren konsumiert; im Dorfe wollten junge Mädchen ihm einen Kranz binden, das jedoch nicht gestattet wurde, sowie auch eine christliche Beerdigung für einen Selbstmörder auf dem Gottesacker nicht stattfand; so wurde der Leichnam an der Friedhofshecke verscharrt; mit dem Datum vom 25. Juni 1911 ‘als zuletzt lebend gesehen’ beurkundete das Standesamt Sievershausen den Tod von Richard Remde; der Stein zeigt die eingehauene Inschrift ‘Remde / 1911’

Quellangaben: Lit.: 1. O. Ruhlender, 2010, S. 110-111, Nr. 2.8 Remde-Denkstein m. Abb. v. J. Böke (Kopie), daraus: 2. Urkundl. Eintragungen des damaligen Standesamtes Sievershausen, 3. mündl. Hinweise von Willi Heise, Ortsheimatpfleger, nach den Erinnerungen der Zeitzeugin Erna Wedekind, Sievershausen

Sievershausen C: ca. 1,3 km westnordwestl. des Remde-Steins im östl. Bereich des Heidelbeerbruches, ‘Dasseler Taufstein’

kopie lit. o. ruhlender 1985 taufstein

H. F. CH. SCH. G.                              CL. H. G. T. D.                                    1826                                                     L.

G. H. W. G.                                Cl . H. G. T. D.                         1823                                           G. L. K.

Maße: Höhe 0,45 m, Br. 1,10, T. 1,0, der am Boden liegende Sandsteinblock zeigt auf der Oberseite nebeneinander zwei vierzeilige Großbuchstabengruppen, reliefartig ausgearbeitet, die erst in neuerer Zeit komplett gedeutet werden konnten; erste tiefgreifende Recherchen reicht Schulrat a. D. Helmut Jaster, Sievershausen; in seiner Ortschronik 1956 macht er folgende Angaben, die hier frei übernommen werden (Verf.): der Stein befindet sich im Distrikt 57, noch heute forstamtlich ‘Dasseler Rinderstall’ genannt und bezeichnet den Standort der Hütte des Amtshirten der Stadt Dassel (bereits auf der Krabbeschen Sollingkarte von 1603 ist dort ein Gebäude eingezeichnet mit der Bezeichnung ‘Dasseler Vihe Stall’, Quelle: Otfried Ruhlender); jener verbrachte hier mit seiner Familie die Sommerzeit um nicht täglich mit seiner Herde den über 10 km langen Weg nach Dassel zurücklegen zu müssen; zum Streit mit den Sievershäusern Bauern kam es oft, wenn er seine Herde auf deren benachbarten Wiesen trieb; davon berichtet eine ‘Akta Amts Hunnesrück in Sachen Stadt Dassel contra Carl Melching et Consorten in Sievershausen wegen Hude und Weide’ von 1778 über einen 28 Jahre währenden Streitfall zwischen dem Dasseler Amtshirten und einem Sievershäuser Wieseneigner; diese Akte ist deshalb von hohem Wert, weil aus ihr der Name des Hirten mit ‘Geese’ hervorgeht und damit zur Klärung der Inschrift beiträgt; weitere Nachforschungen im Taufregister des Pfarramtes Dassel ergaben, dass der Rinderhirt Andreas Geese im Jahre 1823 als Vater des Georg Heinrich Wilhelm Geese (Buchstaben 1. Zeile links) und 1826 als Vater der Hanne (Johanne) Wilhelmine (Frederieke) Christiane Charlotte Geese (Buchstaben 1 Zeile rechts, vermutlich mit Übertragungsfehler Frederieke oder zusätzlicher Rufname u. unterschiedl. Schreibweise Ch) eingetragen ist; als Wohnort ist der Rinderstall bei Dassel angegeben mit der Bemerkung: ‘Kind wurde zur Rinderhütte getauft’; daraus dürfte feststehen, dass der Pastor zur Taufe zur Rinderhütte gekommen war und vielleicht den Stein dann für den Taufakt benutzt hat (Verf.)

die Deutung der restlichen Zeilen, außer den Jahreszahlen, blieb noch in der 3. Auflage von Otfried Ruhlender, Denksteine, Denkmäler und Kreuzsteine im Solling, 1985, ungeklärt; erst bei den Recherchen zur Überarbeitung des Buches O. Ruhlender (+), Denksteine im Solling, 2010, kam man der Lösung näher; die identische 2. Zeile bezieht sich auf den Namen des damaligen Pastors Hummel der Dasseler Laurentiuskirche: Clericus Hummel Gottes Treuer Diener; die letzte Zeile wird Gemeinde Laurentius Kirche gedeutet  

weitere Daten der Täuflinge: Vater: Andreas Geese, Mutter: Johanne Geese, geb. Pabst, Paten 1823: Georg Heinrich Wilhelm Kempf, Heinrich Meier, Charlotte Meier, 1826: Johanne Jache, Charlotte Hebel, Christian Ubrig (Verf. frei nach Lit. O. Ruhlender, 1985 / 2010)

Quellangaben: Lit.: 1. O. Ruhlender, 1985, S. 122-124, Der Taufstein m. Abb. (Kopie) u. Lageskizze, 2. O. Ruhlender, 2010 (+), S. 199-201, Nr. 4.22 Dasseler Taufstein m. Abb. von J. Böke, Lageskizze u. Ausschn. Krabbesche Sollingkarte 1603, daraus: 3. Helmut Jaster, Sievershausen im Solling, Beitrag zur Geschichte einer niedersächs. Landgemeinde, Sievershausen 1956, S. 38, 4. Wolfgang Nägeler, Stadtoldendorf, Mitteilungen aus Kirchenbuch Dassel, Geburtsregister u. Taufregister an Buchautoren

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