kreuzstein holzminden kopie lit. mueller-baumann 1988
standort torhaus

Holzminden, Lkr. Holzminden, A: Lapidarium im Torhaus zwischen Mittlere Straße u. Katzensprung (Heimatmuseum)                 

Maße: Höhe 1,40 m, Br. 1,05, T. 0, 14, der Kreuzstein aus rotem Sandstein ist hinsichtlich seiner Darstellung einmalig in Niedersachsen; er zeigt auf vertieftem Grund, symmetrisch gestaltet, ein doppeltes got. nasenbesetztes Kreuz im Ringkranz, dessen Schaft im Halbkreisbogen ausläuft, wobei es sich um ein Vortrage- oder Vorhaltekreuz handelt; im Grunde die klassische Darstellung eines Kreuzsteines, das Christuskreuz auf dem Hügel Golgatha; je außen des Schaftes eine Pflugschar, innen ein Sech; randumlaufend eine eingehauene Inschrift, die nur noch fragmenthaft erhalten bzw. entzifferbar ist, da auch die Platte am oberen Rand beschädigt ist: ‘R in pace amen ... det scapers ...’, daraus kann die Formel ‘requiescat in pacem’ (Ruhe in Frieden) gedeutet werden, was für einen Grabstein spricht; ähnliche Doppelkreuz-Grabsteine befinden sich auf dem Friedhof von St. Peter in Syburg, OT von Dortmund (Verf.)  

Quellangaben: Lit. 1. Werner Müller-E. H. Baumann, Kreuzsteine und Steinkreuze in Niedersachsen, Bremen und Hamburg, Hameln 1988, S. 199-200, m. Abb. Nr. 4122.2, daraus: 2. K. Steinacker, Die Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Holzminden, Wolfenbüttel 1907, S. 82, 3. F. Brackebusch, Aeltere Grenz- u. Denksteine im Herzogthum Braunschweig, 1896, S. 54, 4. J. U. Görlich, Kreuzsteine, Mordsteine, Galgensteine, Stadtoldendorf 1976, S. 27-29, 5. A. Hoffmann, Die mittelalterlichen Steinkreuze, Kreuz- und Denksteine in Niedersachsen, Hildersheim/Leipzig 1935, S. 10, 53, 6. Fr. Schreiber, Gedenk- u. Sühnesteine Kreis Holzminden, priv. Archiv, Breitenkamp 1975, S. 50

stuckenstein holzminden andere seite
standort hasenwinkel

Holzminden B: ca. 3 km südl. der Stadt im Staatsforst Holzminden, Flur Hasenwinkel (heutiges Forstrevier Otterbach) ca. 1,5 km östl. der markanten S-Kurve der Straße Holzminden-Fürstenberg, ‘Stuckenstein’

Obertägige Maße: Höhe 1,05 m, Br. 0,68, T. 0,10, die randumlaufend beschädigte, doch gut erhaltene Kreuzsteinplatte aus Sandstein zeigt auf der Vorderseite tief eingerillt, die präzise eingebrachte Darstellung eines got. Nasenkreuzes, das in Bogenlinie mit gewinkelten Enden übergeht; die stilisierte Kreuzform erinnert an ein sog. *Wiederkreuz; auf der Rückseite eingerillt die interpunktierte Inschrift:

‘15.85 / ARNT.STUCKEN. / DERGODT.ERKENNER. / ALERHERTXEN.WURDT: / OFFENBAREN.MINE.SMERTXEN. / WELCHE.DURCH.PULVER. / UNDT.LOT.ANCRISTUS.HIMMEEA / RDT.MICH.ALHIE.GLGEBEN. / HABEN.DENDOT.’

*Die Wiederholung der Kreuzform (Vervielfachung des lat. Kreuzes) ist ein altes Motiv, das sich schon in vorchristlicher Zeit findet. In christlichem Kontext ist es vermutlich ein Symbol für die fünf Wundmale Christi, die Gnostiker verwenden es als Symbol des vierfachen Geheimnisses                                                                     (...wikipedia.org-wiki-Wiederkreuz)

der Stuckenstein steht mit großer Wahrscheinlichkeit am urspünglichen Standort, nach ihm wurde später eine markante Gruppe alter Eichen in der Nähe benannt, die Stuckeneichen; nach älterer Literatur wird Stein mit einer Mordtat durch Wilderer an Arndt Stucken in Verbindung gebracht, doch schon hinsichtlich der Inschrift ist diese Überlieferung nicht haltbar (Verf.)

Angaben nach Lit. Otfried Ruhlender (+), Denksteine im Solling, 2010:

Arndt Stucken war der Sohn von Hans Stucken, der erst als Forstknecht in Merxhausen ab 1562 diente und bereits 1578 zum ‘Oberförster am Solling’ aufstieg, im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel; da er Analphabet war unterschrieb seine Bestallungsurkunde (Amtseinsetzung) der Abt Andreas Steinhauer vom Kloster Amelungsborn, worauf er auch ab Mai 1578 als Aufseher über alle Klosterforsten berufen wurde; sein Sohn Arndt, bald nach 1550 geboren, strebte ebenfalls dem Forstwesen zu, bereits am 17. Mai 1576 unterschrieb er seine Bestallung als Pirschknecht mit acht Gulden Besoldung, erhielt Winter-Jägerbekleidung und Jäger- Hosentuch für den Sommer sowie engliche Hofkleidung; neun Jahre nach seinem Dienstantritt kam es am Himmelfahrtstag 1585 im Revier zu einem tragischen Unfall, bei dem Arndt Stucken sein Leben verlor, was aus einer Akte von 1585 hervor; Curt von Gren, Förster in Laatzen, wurde im Mai 1585, kurz nach dem Tode Stuckens als Nachfolger eingesetzt - ‘...unsers gewesenen wiltschutzens Arndten Stuckens unfals und erschiessens Halben’ (Wildschützer); an christl. Feiertagen durfte zwar nicht gejagt werden, doch führten die Forstleute ihre Waffen zum Schutze gegen Wilderer mit, damals meist Radschlossgewehre oder -pistolen, die bei Unvorsichtigkeit leicht losgingen; ob Stucken selbst verantwortlich war oder einer seiner Begleiter, kann wohl nie mehr beantwortet werden (Verf. frei nach Lit. O. Ruhlender)

Arndt Stucken, angeblich Vogt des Herzogs von Braunschweig, soll hier von einem Lüchtringer Einwohner, vielleicht einem Wilderer, im Jahre 1585 erschossen worden sein (Lit. W. Brockpähler nach Ang. von Kreisjugendpfleger Heinemann, Höxter)

Quellangaben: Lit.: 1. W. Müller-E. H. Baumann s.o. S. 217, m. Abb. Nr. 4222.1, daraus: 2. Wilhelm Brockpähler, Steinkreuze und Kreuzsteine in Westfalen, 1963, S. 101 (westfälisches Grenzgebiet), 3. Otfried Ruhlender, Denksteine im Solling, 2. Aufl., Holzminden 1978, S. 6-8, 4. K. Steinacker, 1907 s.o. S. 83; 5. Otfried Ruhlender, Denksteine im Solling, 5. Aufl., Beiträge zur Geschichte eines Mittelgebirges, Holzminden 2010, S. 82-85, Nr. 1.33 m. Abb., daraus: 6. Detlef Creydt, Begegnungen auf Leben und Tod - Förster und Wilderer im Solling, Holzminden 2010, S. 28, 7. Chista Graefe, Forstleute, Wolfenbütteler Forschungen, Bd. 43, Wiesbaden 1989, 8. Klaus Kieckbusch, Von Ackerleuten, Hexen und Söldnern, Holzminden 2004

krreuzstein holzminden andere seite
standort detail darstellung hand

Holzminden C: Staatsforst Holzminden, Forstrevier Otterbach, Waldabteilung 274, ca. 600 m südwestl. von Objekt B, ‘Handstein’                         

Obertägige Maße: Höhe 0,55 m, Br. 0,55, T. l. 0,20 r. 0,30, der flüchtig zugehauene Kreuzstein aus Sandstein zeigt auf seiner nach Westen gekehrten Vorderseite ein eingerilltes lat. Balkenkreuz (H. 0,25 m, Br. 0,15) das ein einfaches lineares Kreuz umschliesst; rechts davon die eingerillte Darstellung einer Hand mit leicht gespreizten Fingern (rechte Hand, Innenseite); zwei aufrecht gesetzte Steine, nördl. und südl., erwecken den Gesamteindruck eines Grabes; das Denkmal wurde im Jahre 1979 von Heimatpfleger Franz Fromme, Lüchtringen, mitten im weglosen Waldstück entdeckt (Verf.)

die Darstellung einer Hand auf derartigen Denkmalen, sowie auch auf Sühnekreuzen, ist in ihrer Interpretation in Fachkreisen umstritten; es handelt sich jedoch um ein mittelalterliches Rechtssymbol, das z.B. mit Frevel aller Art, speziell hier mit Baumfrevel in Verbindung gebracht werden kann; eine abgehauene Hand wurde auch zur Grenzkennzeichnung benutzt, dabei immer die rechte Innen-Handseite; von daher wurden zuweilen dafür Steinkreuze benutzt, die auf Grenzen standen; der Ortsheimatpfleger von Lüchtringen, Franz Fromme, reicht folgende Deutung (Leserbrief Holzmindener Anzeiger) - bis Ende des Mittelalters konnte die Mehrzahl der Bevölkerung weder lesen noch schreiben, die Verbreitung der Heilsgeschichte sowie die Kenntnis der zehn Gebote wurden neben der Predigt durch Bilder und Zeichen vermittelt; Fünf Finger einer Hand könnten auf das Fünfte Gebot hindeuten - Du sollst nicht töten ! derartige Bildersprache war bis zum Beginn des Buchdruckerwesens um 1500 üblich; folgt man dieser Deutung, dann wäre der Handstein im Solling ein mittelalterlicher Kreuzstein; ein markantes Beispiel sind die sog. ‘Drei Handsteine’ bei Vohenstrauß, drei Steinkreuze mit Handdarstellungen (Lkr. Neustadt a.d. Waldnaab, BY); das lat. Kreuz mit einem Loch am Kopfende wird in der Lit. O. Ruhlender als sog. *Henkelkreuz bezeichnet, doch nüchtern betrachtet kann es sich auch um ein einfaches Abriebsmal handeln, oft auf derartigen Flurdenkmälern zu beobachten, s. Einf. (Verf. frei nach Lit. O. Ruhlender)    

*Henkelkreuz: Das Anch (☥, ägyptisch ˁnḫ), auch Anch-Symbol, Anch-Kreuz, in englischer Transkription Ankh, ägyptisches Kreuz, Henkelkreuz, Lebensschleife, Nilschlüssel oder koptisches Kreuz (als Symbol der koptischen Kirche), lateinisch Crux ansata, ist ein altägyptisches Symbol, das für das Weiterleben im Jenseits steht. (Quelle: ...wikipedia.org-wiki-Anch)

Quellangaben: Lit.: 1. W. Müller-E. H. Baumann s.o. S. 217-218 m. Abb. Nr. 4222.8, 2. O. Ruhlender, Denksteine, Denkmäler und Kreuzsteine im Solling, 3. Aufl., Neuhaus i. Solling 1985, S. 158-159 m. Abb., 3. O. Ruhlender, Denksteine im Solling, 5. Aufl., Holzminden 2010, S. 208, Nr. 5.3 m. Abb. 

kopie lit. w. mueller vorderseite kopie lit. w. mueller rueckseite

Holzminden D: im Braunschweigischen Landesmuseum für Geschichte und Volkstum, Hinter Ägidien (Ang. um 1988) Kloster St. Aegidien u. Jüdisches Museum (derzeit nicht ausgestellt, vermutlich magaziniert, schriftl. Anfragen von Verf. 2012 wurden durch das Braunschweigische Landesmuseum nicht beantwortet, Verf.)

Maße: Höhe 1,43 m, Br. 0,83, T. 0,07, die Kreuzsteinplatte aus Sandstein stammt aus Holzminden, wo bis um 1895 als Baustein in einer Garteneinfriedung in der Ohlen Gasse diente, danach am dortigen Stadthaus aufgestellt, Herkunft unbekannt (Lit. W. Müller-E. H. Baumann)

die auffallend dünne Kreuzsteinplatte, deren oberes Ende fehlt, zeigt auf der Vorderseite in eingetieften Umrissen ein Kruzifix mit Füssen übereinander (Dreinagelung); der Kreuzschaft ist durch eine Parallellinie perspektivisch hervorgehoben, die Kreuzarmenden sind eingekehlt; links des Kruzifixes ein aufsteigendes Spruchband mit dem Namen: ‘claus ghiselers’ sowie darunter ein linksgelehnter Schild mit gestürztem Blashorn; rückseitig ein nasenbesetztes Kreuz in doppelter Kreisrillung, das auf gleicher, jedoch vergrößerter Darstellung, wie Vorderseite steht (Verf.)

Quellangaben: Lit.: 1. W. Müller-E. H. Baumann s.o.  S. 122, Nr. 3729.2 m. Abb. (Kopie Vorder- u. Rücks.), daraus: 2. K. Steinacker, 1907, S. 82, 3. E. Eggeling, Die Sühnesteine von Stadtoldendorf, Braunschweig 1933, S. 138, 142, 4. J. U. Görlich, 1976 S. 8, 34, 5. A. Hoffmann, 1935, S. 10, 53, 6. C. Sauermilch, Redende Steine in der Landschaft, Hameln 1956, S. 108, 7. Fr. Schreiber, 1975, S. 12, 18, 20

verschollene Objekte: 1. Holzminden, nach Lit. Brackebusch, 1896, standen zwei Kreuzsteine dicht vor der Stadt an der Chaussee nach Fürstenberg, etwa am Abzweig der Ohlengasse; vermutlich handelt es sich um die gleichen Steine, die 1780 am Wege nach Lüchtringen lokalisiert und 1895 ausgegraben und im Hofe des Holzmindener Stadthauses aufbewahrt worden sind; die zuletzt tief im Boden stehenden Denkmale trugen kaum noch lesbare Inschrift und hatten die Maße 0,55m, 0,77, 0,06 u. 0,70, 0,82, 0,06; angeblich sei ein Mädchen überfahren worden (Quelle: 1. M.-B. S. 200, daraus: 2. Steinacker, 1907, S. 82-83, 3. Brackebusch, 18 96, S. 54, 4. Hoffmann, 1935, S. 10, 53) 2. Bevern, Lkr. Holzminden, nach Lit. Steinacker standen um 1780 ca. 100 Schritt vor dem Bevernschen Tor in Richtung Allersheim zwei Denksteine mit den üblichen Radkreuzen (Quelle: 1. Lit. M.-B. S. 200, daraus: 2. Steinacker, 1907, S. 3, 3. Hoffmann, 1935, S. 9, 51, 4. Schreiber, 1975a, S. 34 u. 1975b, S. 18) 

c.2010 www.kreuzstein.eu